„Geburtsreise unseres vierten Kindes“

Wir hatten unser erstes Kind aufgrund einer verlegten geplanten Hausgeburt 2012 ambulant im Krankenhaus entbunden, wo es leider zu Interventionen kam (Oxytocin-Gabe, Stress, Herztöne fielen ab während Pressphase etc). Wir merkten zum Beispiel auch erst im Nachhinein, dass die Nabelschnur bei unserer Tochter nicht auspulsiert war zum Zeitpunkt der Abnabelung (bemerkten dies auf dem Foto, das wir später im Fotoalbum nochmal anschauten). Unser erstes Kind war vier Monate lang ein „Schreibaby“ was wir mit der Geburtserfahrung in Zusammenhang brachten. Ab dem positiven Schwangerschaftstest vom zweiten Kind war uns sofort klar, diesmal schaffen wir die Geburt Zuhause!! Die (2014) und auch die dritte (2018) waren dann tatsächlich wunderbare, zügige hebammenbegleitete Hausgeburten (6 und 4 Stunden) auf dem Sofa.

Wir haben uns auch für unsere vierte Geburt entschieden, wieder eine Hausgeburt zu planen. Saskia wurde uns von einer Hebammenkollegin empfohlen. Sie führte auch ab der zweiten Schwangerschaftshälfte die Schwangerenvorsorgen bequem bei uns zuhause durch. Wir hatten eine komplikationsfreie, entspannte Schwangerschaft. Eigentlich gingen wir fest davon aus, dass die vierte Geburt rasant schnell gehen würde, aber unser Söhnchen hatte andere Pläne. Schon am Vortag erwachte ich mit heftigem Ziehen am Muttermund, in der Nierengegend und Lendenbereich. Der Schleimpropf ging ab, ich zeichnete und bekam unregelmässig Wehen: teils alle 10min, teilweise nur alle 30. An Schlaf war die Nacht vom 18. auf 19. Mai kaum zu denken, es waren gestückelt vielleicht drei Stunden. Gegen 11:30 Uhr am 19. wäre Saskia sowieso zur Vorsorgeuntersuchung her gekommen, aber als ich ihr eine Nachricht schrieb, kam sie schon etwas früher (kurz nach 9 herum). Ich war da schon ziemlich platt, entkräftet und enttäuscht dass die Wehen nicht kräftiger und regelmässiger kamen. Es fehlte der „Kick“. Ich hatte seit 2 Uhr nachts Geburtskerzen an, Meditationen und Selbsthypnose auf youtube leise gehört und im Wohnzimmer die Wehen vor dem Sofa veratmet- in den Pausen versucht etwas zu dösen. Meinen Mann, D., ließ ich schlafen neben der Kleinen (2J.) Als er morgens aufstand, hat er unsere 3 Großen direkt nach dem Frühstück an eine liebe befreundete Familie im selben Dorf verfrachtet, wo sie den ganzen Tag im Garten mit deren Kids spielen durften. Saskia schaute sich die Wehentätigkeit an, machte sich ein Bild der Situation und nahm sich leise zurück. Wir besprachen dann das weitere Vorgehen: sie bot mir Akupunktur an, um die Wellentätigkeit anzuregen, welches ich in Anspruch nahm. Direkt danach schauten wir auch nach dem Muttermund, welcher (erst!) bei circa 4cm Öffnung war. Ich stimmte direkt zu, bitte eine Eipollösung vorzunehmen. Saskia saß am Esstisch, erledigte Papierkram, hörte immer wieder in regelmässigen Abständen die kindlichen Herztöne ab, und ließ mich die Geburtsarbeit so machen, wie ich wollte. Ich versuchte zwischendurch auch mal zu dösen, aber mein Körper und Geist kamen nicht zur Ruhe. Etwa eine Stunde später machte sie mir noch auf meinen Wunsch hin einen Einlauf, da ich mich irgendwie „voll“ fühlte. Das sitzen auf dem WC Sitz war mittlerweile beinahe unmöglich; es war dermaßen unangenehm da ich enormen Druck im Beckenboden spürte, das Köpfchen des Babys aber noch nicht fest im Becken war. Um circa 13 Uhr sah mich D. an, erkannte meine Verzweifelung, und fragte mich „mensch was machen wir denn jetzt noch, Schatz?!“ Darauf sagte ich ihm „komm‘, drauf geschissen! Bau doch bitte den Pool auf!!„ (die Badewanne hatte ich morgens schon durch gehabt und eigentlich hatte ich beschlossen, es sei viel Zuviel Arbeit für ihn extra den Aufblaspool aufzustellen). Er holte den Pool (Intex, sechseckiges Planschbecken für ~24€) und begann ihn gemeinsam mit Saskia aufzupumpen. Bei der nächsten Welle lag ich auf dem Sofa in Seitenlage und dachte, ich halte diesen Druck absolut nicht mehr aus!!!! und auf der Spitze der Welle 🌊 machte es PLATSCH! und die Fruchtblase platzte. Ich rief laut „hallelujah!!“ und war einfach überglücklich. Ab da ging alles recht schnell voran. Saskia und D. befüllten den Pool so schnell es ging, ich konnte dann noch rechtzeitig einsteigen und D. ließ mir warmes Wasser über den Rücken laufen. Inzwischen traf die zweite Hebamme dazu, die sich ebenfalls im Hintergrund ganz unauffällig verhielt und noch ein paar Fotos auf unserer Kamera knipste. Ich hing mich über den Rand des Pools und veratmete die mittlerweile sehr kräftigen Wellen. Ich spürte den Drang mitzuschieben, und als ich das einige Male getan hatte, fühlte ich zwischen den Schamlippen nach und spürte den Kopf und die feinen Härchen und die Rille wo die Schädelplatten sich überlappten. Was für ein Wahnsinnsgefühl!! Ich sagte „Schatz, magst Du mal das Köpfchen spüren??!“ Er war ganz aufgeregt und fühlte hin (er berichtet jetzt im Nachhinein immer noch, dass das so was von toll war!) Das Köpfchen kam fast ganz heraus bei der nächsten Welle, schob sich aber dann wieder zurück. Ich war sehr enttäuscht und schimpfte. Alle sagten mir Mut zu, ich solle bei der nächsten Welle nochmal kräftig mitschieben, dann würde er schon komplett geboren werden. So war es auch!! Saskia fragte mich, ob sie mir helfen solle, das Köpfchen nach hinten zu ihr zu schieben (Po-wärts) damit die Schultern besser geboren werden können. Ich bejahte. Dann schob ich kräftig mit und der Körper folgte ganz. Sie wickelte die Nabelschnur sofort ab (zwei mal um den Hals) und reichte ihn mir Unterwasser wieder vor, sagte ich kann ihn jetzt hoch nehmen. Ich hab ihn zwei Momente Unterwasser betrachtet, das war so extrem!! und nahm ihn dann raus. Er war noch sehr blau, mit Käseschmiere überzogen, teils weisslich (Stirn, Kopf). Saskia kümmerte sich sofort um ihn, massierte ihn damit er Farbe bekommt. Wohl hatte er auch sofort Mekonium ins Wasser abgelassen gehabt, was ich nicht mitbekam. Als er endlich einen Atemzug nahm, und etwas an Farbe gewann, sind wir aus dem Wasser und auf das Sofa umgezogen. Der kleine Mann hat noch eine Weile Fruchtwasser gespuckt, aber wurde innerhalb ganz kurzer Zeit rosiger. Die Hebammen kümmerten sich dann sehr zügig um die Gebärmutter, nachdem mein Mann mit einem gehäkelten Nabelschnurbändchen abgenabelt hatte und die Plazenta sich gelöst hatte. Mir wurde die Gebärmutter manuell komprimiert und nachdem viel Blut und grosse Koagel flossen, willigte ich ein, Cytotec zu nehmen. (Blutverlust ~800ml) Nach der Gabe ließ die Blutung nach. Der Kleine wurde sofort angelegt und wir kuschelten. Ich aß einen grossen Happen Plazenta, trank eine kleine Cola und konnte dann mit stabilem Kreislauf aufs WC laufen um zu pieseln. Ich fühlte mich zu jeder Zeit sicher, selbstbestimmt und gut aufgehoben. Auch wenn diese Geburt eine lange Latenzphase hatte und sehr kräftezehrend war, so war sie doch total heilend, wunderschön und friedlich!! Meine erste Geburt, bei der ich (bis auf kleine, oberflächliche Schürfung) untenrum heil blieb!! Mein Mann und ich sind so unglaublich bereichert durch diese wundervolle Geburtserfahrung. Und wir bedanken uns von ganzem Herzen für die liebevolle, kompetente Begleitung unserer Hebamme ❤️

Die Geschwister sind verliebt!! Und die kleine große Schwester darf mit Tandemstillen.